Es ist, wie es ist.
Gerade lese ich auf der Homepage der Tagesschau die Überschrift „Gezielte Falschmeldung über Amokfahrt in Volkmarsen“. Es geht um den Rosenmontag, um die fürchterliche Aktion eines wie auch immer gestörten Mannes, mit seinem PKW direkt in eine Menschenmenge zu fahren und um eine anonyme Seite im Netz.
Da gibt es Gerüchte über einen islamistischem Anschlag, einen Täter mit Migrationshintergrund, Augenzeugen wollen gesehen haben…….usw.
Im Zuge der vielen Kommentare hierzu dann weiter mit der „Wahrheit über Hanau“ und einem Youtube-Video, was von Geheimdienstoperation spricht, um der AFD zu schaden. Hilfe!
Ich möchte zum Thema Gerüchte deshalb kurz von einem schlimmen Vorfall in der jüngsten Bandgeschichte von Bell, Book + Candle erzählen.
Am 27.12. 19 spielten wir das erste der beiden letzten Traditionskonzerte in unser Heimatstadt Berlin und freuten uns wie verrückt.
Ein Jahr voller Ereignisse aller Art lag hinter uns – wir drei fühlten uns gesegnet, mit solch wundervollen Menschen auf und vor den Bühnen und nun lagen zwei tolle Abende in der Christophoruskirche vor uns.
Noch eine halbe Stunde, dann sollte das Konzert beginnen.
Backstage quatschte alles durcheinander.
Freunde und große wie kleine Familienmitglieder liefen herum und ich saß aufgemiezt in der Ecke und freute mich still vor mich hin, als plötzlich der Veranstalter leichenblass im Raum stand und unseren Tourbegleiter bat, eine Ansage zu machen. Es gab einen schlimmen Unfall direkt auf der Straße vor der Kirche und es wurde dringend ein Arzt benötigt. Die Ansage erfolgte sogleich und auf einmal standen Ratlosigkeit, Fragen und Zweifel mit uns im Raum.
Die Handys glühten, Nachrichten an noch erwartete Angehörige wurden verschickt und dann sagte jemand, dass die Krankenwagen da wären und wir das Konzert spielen sollten.
Es wurden emotionale, sehr schöner Stunden.
Und dann fing das Unvermeidliche an. Die Spekulationen über das Geschehene. Es war erschreckend, wie viele unterschiedliche Wahrnehmungen, Einschätzungen und Schilderungen – sogar von vermeintlichen Augenzeugen es gab.
Und es war seltsam zu sehen, wie sich manch einer in seinen krassen Beobachtungen gefiel. Dann Nachtruhe.
Der nächste Abend kam und es lief alles, wie es sollte.
Wir waren glücklich und erleichtert, der Abend, das Jahr geschafft.
In kleiner Runde standen wir nun rauchend draußen, alles war gut.
Und dann sagte unser Gitarrist Jagschn: „Ich muss Euch noch was erzählen, wollte aber damit warten, bis alles vorbei ist. Der Unfall gestern, das waren meine Verwandten.“
In diesem Moment ist uns allen, glaub ich, ein bisschen schlecht geworden.
Denn da kommt ein so grässliches Ereignis so nah heran.
Unmöglich einzuschätzen, was es für unseren Jagschn bedeutete.
Und das ist es, was bleibt. Was nach all den Mutmaßungen, dem Getratsche, den Unterstellungen und der Paranoia mancher übrig ist: ein lieber Mensch, dessen Schicksal und das seiner Familie jetzt so ist, wie es ist.
In diesem Fall und denen der letzten Tage einfach hart und traurig.